Schweriner Singakademie e.V.

Reisen und Ausflüge

2005 Vogtland - Selten gespieltes Werk mit Bravos gefeiert

01.12.2005
Vogtland 2005

Volker Müller
Reichenbach.
Neue Musik stößt in Reichenbach auf offene Ohren. Der erfreuliche Umstand hat sich längst weit über die Stadtgrenzen hinaus herumgesprochen. Eine solch begeisterte Aufnahme allerdings, wie am Sonntagabend in der nahezu restlos gefüllten Trinitatiskirche am Postplatz im Zentrum der Stadt geschehen, fand ein bislang unbekanntes Stück wohl nur selten. Es gab Bravos und lang anhaltenden Beifall im Stehen. Nun, das Stück, das vorgestellt wurde, war nicht brandneu. Felix Mendelssohn Bartholdy schrieb seine Sinfonie-Kantate „Lobgesang“ für die am 25. Juni 1840 in der Leipziger Thomaskirche stattfindende Vierhundertjahr-Feier der Buchdruckerkunst. Das Auftragswerk wurde von der Fachkritik nicht gerade in den Himmel gehoben. Unter anderem deshalb, weil es Mode geworden war, Mendelssohn zu den mittleren Talenten zu rechnen. Nicht zu bestreiten ist, dass der „Lobgesang“ Interpreten mit Fingerspitzengefühl braucht.

Kantor dirigiert feinfühlig
Trinitatiskantor Alexander Kuhlo legte am Sinntag nicht nur ein mitreißendes, sondern auch kluges Dirigat hin. Indem er den lyrischen, den zarten, ja, verspielten Momenten der Komposition den nötigen Raum gab, sie mit großer Innigkeit ausmusizieren ließ, wirkten nicht nur die nachfolgenden dramatischen Höhepunkte um so machtvoller; das Stück bekam auch eine bessere Balance. Das eindringliche musikalische Glaubensbekenntnis des Komponisten hatte unter Kuhlo nichts oder so gut wie nichts Gewaltsames, unmäßig Forderndes.
Das Musikerlebnis in der Trinitatiskirche beruhte in gleichem Maße auf den Ausführenden. Da spielte mit der Vogtland Philharmonie ein Orchester, dem niemand zu sagen braucht, welche Wärme des Tons im Fall Mendelssohn gefragt ist. Man wartet vielmehr nur darauf, sie endlich einmal in solcher Fülle, wie beim „Lobgesang“ verlangt, demonstrieren zu können.

Chöre als kompakte Einheit
Da war weiter ein Chor aus der Trinitatiskantorei und Mitglieder der Schweriner Singakademie zu hören, der als kompakte Einheit agierte, der sich im Verlaufe der kraftraubenden Aufführungen von Takt zu Takt steigerte und der nach den gewaltigen, wie entfesselt dahin brausenden Chorfugen immer wieder in ruhigere, gelöste Fahrwasser fand und dann jene besonders kostbaren zarten Seiten des Stückes hören ließ.
Vom gleichen Geist des Musizierens erfüllt war das Solistentrio mit den Solides leistenden Sopranistinnen Jana Reiner und Melanie Horner und dem wie gewohnt mit Kraft und Ausdruck nicht sparenden Tenor Hannes Böhm. Wie Reiner, Horner und Böhm mit den großen Verantwortung tragenden Orchestersolisten (u.a. Klarinette, Oboe, Horn) harmonierten, kann nur beglückend genannt werden.
Kaum weniger Freude als das „Hauptstück“ bereitet die „Einstimmung“. Kantor Kuhlo interpretierte einfühlsam eine Orgelsonate Mendelssohns, und unter Wolfgang Friedrich, dem Leiter der Schweriner Singakademie, erstrahlte die vom gleichen Komponisten geschaffene Hymne „Hör mein Bitten, Herr, neige dich zu mir.“

Quelle:
Reichenbacher Freie Presse